Blackout: Regionale Lösungen entwickeln

Kein Strom, keine Wasser- und Lebensmittelversorgung, keine Telekommunikation: Die für uns selbstverständliche Infrastruktur fällt bei einem Blackout über längere Zeit aus. Der Schwerpunktartikel beleuchtet, was ein Blackout ist, wie der Klimawandel das Blackout-Risiko beeinflusst und wie sich Gemeinden und Privatpersonen vorbereiten können.

Ein Blackout ist ein plötzlicher überregionaler und länger (mehr als zwölf Stunden) andauernder Strom-, Infrastruktur- sowie Versorgungsausfall. Aufgrund der weitreichenden Auswirkungen ist bei einem Blackout mit gravierenden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Folgen zu rechnen.

Foto Strommasten

Europas komplexes Stromverbundsystem

Österreich ist Teil des europäischen Strom-Verbundsystems. Ganz Kontinentaleuropa ist in einem Verbundnetz zusammengeschlossen. Aufgrund der Eigenschaften des Wechselstroms müssen Stromproduktion und -verbrauch möglichst ausgeglichen sein, ansonsten entsteht ein Ungleichgewicht, das eine Störung verursachen kann. Diese wiederum kann in diesem weitreichenden Netz unter Umständen – insbesondere wenn eine Kettenreaktion mit Kaskadeneffekten ausgelöst wird – sehr rasch zu einem großflächigen Stromausfall führen. Kleinere Schwankungen sind normal. Kritisch kann ein verstärktes Ungleichgewicht werden, wenn die Frequenz um mehr als 200 Millihertz (0,2 Hertz) von der normalen Netzfrequenz von 50 Hertz abweicht. Auch die Spannung des Stromnetzes darf nicht unter einen bestimmten Wert fallen.

Mehrere Faktoren tragen zu einem in der Stabilität gefährdeten Stromnetz bei. Das Stromnetz ist europaweit veraltet und nicht optimal auf die heutigen Kapazitäten ausgelegt. Der Energieverbrauch steigt stetig. Die volatile Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien wie Solar- und Windenergie führt zunehmend zu Lücken zwischen Produktion und Verbrauch. Zudem gibt es nicht genügend Stromspeicher, um diese Lücken abzupuffern. Darüber hinaus beeinflusst auch der europaweite Strommarkt das System, da der Stromhandel die verfügbaren Belastungskapazitäten durch Transfer großer Strommengen verringern kann.

Sowohl technische wie menschliche Ursachen als auch Naturkatastrophen können Auslöser für ein Blackout sein: Technisches Versagen der alternden Infrastruktur, Überlastung aufgrund der hohen Komplexität des Stromverbundnetzes, Störungen infolge von Extremwetterereignissen wie Stürme oder Hochwasser, Blitzeinschlag, Erdbeben, Terrorangriffe oder Cyberattacken. Kritisch ist eine Verkettung von Ereignissen, die das Netz überlasten und im schlimmsten Fall zum Kollaps führen.

Blackout: Geringe Wahrscheinlichkeit, aber hohe Wirkung

Das Bundesheer stuft in der sicherheitspolitischen Jahresvorschau 2021 ein Blackout als „wahrscheinlich und das gesamte System in Österreich betreffend“ ein. Laut dem Bericht ist Österreich „in den letzten Monaten mehrfach an einem größeren Blackout vorbeigeschrammt“. Weniger drastisch schätzt eine Studie des AIT die Lage ein: Die Risikoforschung bezeichnet ein Blackout als Ereignis mit hohem Schadenspotenzial aber sehr geringer Eintrittswahrscheinlichkeit. Die Autor:innen meinen, dass durch mediale Berichterstattung das öffentliche Bewusstsein für die Thematik deutlich gestiegen ist, dies aber nicht unbedingt mit einer höheren Eintrittswahrscheinlichkeit zusammenhängt. Immerhin hat Österreich im internationalen Vergleich ein stabiles, gut funktionierendes Stromnetz. Ausfälle waren in den letzten Jahrzehnten konstant niedrig und belaufen sich im Durchschnitt auf rund 40 Minuten pro Jahr. Blickt man in die Vergangenheit, besteht also wenig Grund zur Sorge. Verschiedene Faktoren können aber dazu beitragen, dass die Stromversorgung in Zukunft zunehmend komplexer und instabiler wird. Es ist daher wesentlich, Schritte zu setzen, um die Versorgungssicherheit auch weiterhin zu gewährleisten, so das Fazit der AIT-Studie.

Vermehrt Großstörungen im europäischen Netz

In den letzten Jahren kam es häufiger zu Schwankungen und Großstörungen im europäischen Netz, zuletzt am 8. Jänner 2021 in Kroatien und am 24.7.2021 in Portugal, Spanien und Frankreich. In beiden Fällen spielten wetterbedingte Ereignisse eine Rolle: In Frankreich löste ein Waldbrand einen Störfall mit weitreichender Kaskadenreaktion aus. In Kroatien herrschten zu der Zeit sehr niedrige Temperaturen, was zu einem hohen Stromverbrauch führte. Durch die Feiertage rund um den 6. Jänner erhöhte sich der Strombedarf zusätzlich. In beiden Fällen funktionierte die Behebung rasch und das Netz konnte in relativ kurzer Zeit (je etwa zwei Stunden) wiederhergestellt werden.

Risikofaktor Klimawandel

Insgesamt sind gemäß der Studie des AIT der Klimawandel, die Digitalisierung und die Energiewende die drei größten Herausforderungen, um die Versorgungssicherheit langfristig sicherzustellen und somit Treiber für mögliche Störfälle bis hin zu einem Blackout. Laut E-Control nehmen in Österreich Versorgungsausfälle aufgrund von wetterbedingten Störungen seit 2013 zu. So gab es 2020 um 37 Prozent mehr Versorgungsunterbrechungen aufgrund atmosphärischer Einflüsse (starke Unwetter, Eis, Schnee und Ähnliches) als im Jahr zuvor. Das Ausmaß von Ausfällen durch Extremwetterlagen wie Starkregen oder Sturmböen hat in diesem Zeitraum um 2 Prozent abgenommen (Senkung von 8,8 auf 6,7 Stunden Ausfall pro Jahr).

Ein weiterer Einflussfaktor sind Hitzewellen und Temperaturextreme. Sie beeinflussen einerseits den Stromverbrauch durch hohen Heiz- oder Kühlbedarf und können andererseits die technische Infrastruktur an ihre Grenzen bis hin zur Überlastung bringen. Da Österreich Teil des europäischen Verbundsystems ist, können Hitzewellen und daraus resultierende Stromknappheit in Nachbarländern zu Überlastungen und folgenreichen Kaskadeneffekten bei uns führen.

Auch langfristige Veränderungen in den Alpen wie abtauende Gletscher werden nach Einschätzung der Fachleute die Stromversorgung beeinflussen. Durch tauenden Permafrost kann es verstärkt zu Problemen mit Vermurungen, Verklausungen, Hangrutschen und Hochwassern kommen, die Schäden an Leitungen, Trasseninfrastruktur und Erzeugeranlagen verursachen können.

Blackout-Vorsorge für Gemeinden und Privathaushalte

Auch wenn die Risikoforschung die Wahrscheinlichkeit eines Blackouts als gering einschätzt, ist eine Vorbereitung auf den Ernstfall wichtig, denn: Wenn das Szenario eintritt, wird es gravierende Auswirkungen haben. Je besser wir als Gesellschaft und jede:r Einzelne vorbereitet sind, desto besser kommen alle mit der Ausnahmesituation zurecht.

Foto Metalldosen

Für die Vorbereitung muss man sich bewusstmachen: Eine Hilfe von außerhalb ist im Ernstfall nicht möglich, weil rundherum alle betroffen sind und keine Kommunikation möglich ist. Man ist somit auf sich und die Menschen im direkten Umfeld angewiesen. Ein wesentlicher Unterschied zu anderen Krisen ist beim Blackout, dass zwar nichts kaputt ist, jedoch auch kaum etwas für die tägliche Versorgung funktioniert. Die üblichen Ver- und Entsorgungsketten sowie Kommunikationswege sind unterbrochen. Jede Gemeinde und Ortschaft muss sich selbst organisieren. Für Gemeinden ist daher eine wesentliche Vorbereitung, Abläufe, Zuständigkeiten und Kommunikationswege im Vorhinein festzulegen, so dass alle relevanten Akteur:innen über ihre Rolle Bescheid wissen. Weiters muss im Vorfeld geklärt werden, welche Infrastrukturen Priorität haben, um die Versorgung so weit wie möglich aufrechtzuerhalten. Beispielsweise können Einsatz- oder Notfallplänen für Supermärkte regeln, wie die geordnete Abgabe von gelagerten Waren erfolgen soll. Zudem müssen derartige Ausnahmesituationen in verschiedenen Szenarien und für alle relevanten Infrastrukturen, Einsatzorganisationen und Versorgungseinrichtungen in Übungen geprobt werden – nur so erkennt man, wo die Abstimmung im Detail noch hakt.

Für die private Vorsorge raten Expert:innen als Faustregel: Jeder Haushalt sollte Vorräte für einen zweiwöchigen Campingurlaub zuhause lagernd haben. Dazu zählen Lebensmittelvorräte in Konserven, Wasser, Kochmöglichkeiten mittels Campingkocher, Lichtquellen wie Taschenlampen mit Ersatzbatterien, Hygieneartikel und ein Funkradio mit Batterien. Das Handynetz funktioniert nach etwa zwei Stunden ohne Strom nicht mehr und auch das Festnetz bricht in absehbarer Zeit zusammen. Eine wesentliche Vorbereitung ist daher, mit Angehörigen über das Szenario zu sprechen und Absprachen zu treffen, etwa wer die Kinder abholt falls sie außer Haus sind oder wo man sich trifft. Ausführliche Informationen für die Blackout-Vorsorge gibt es beispielsweise beim Zivilschutzverband oder im Info-Folder „Blackout und dann?“ des Bundesheers. Geeignete Vorsorgeprodukte wie Konservennahrung und Notfallradios sind unter anderem online über den Zivilschutz-Shop erhältlich.

Um den Ernstfall zu üben, ist ab Ende Februar 2022 das Spiel „Neustart“ erhältlich. Die Spieler:innen müssen als kommunaler Krisenstab gemeinsam mit der Bevölkerung versuchen, die vielschichtigen Probleme und Überraschungen in einem Blackout bestmöglich zu bewältigen. Damit können Gemeinden, Einsatzleitende und alle Interessierten den Umgang mit der Krise und der damit verbundenen Ungewissheit erproben. Wichtig ist jedenfalls für die Vorbereitung als auch für den Ernstfall: Ruhe bewahren! (AS, Februar 2022)