Diskutieren mit "Skeptikerinnen und Skeptikern"

Jeder kennt ihn: den schrulligen Onkel (oder jemand anderen aus dem Verwandten bzw. Bekanntenkreis), der zum Thema Klimawandel so unbeirrbar wie wortgewaltig über Sonnenflecken und geheime Machenschaften der Solarzellen-Mafia predigt. Ignorieren ist auch keine Lösung…

Was tun, wenn simple Fakten und Zusammenhänge rundweg ignoriert werden? Offensichtliche Widersprüche zu Sachlage und wissenschaftlichem Konsens scheinen für den typischen „Skeptiker“ (die typische "Skeptikerin") besonderer Ansporn, abenteuerlichen Alternativtheorien nachzuhängen. Dafür spielen verschiedene Motivationen eine Rolle, vor allem verlockt aber eines: Aufmerksamkeit. Ob im Freundeskreis oder – tausendfach verstärkt – im Netz. So individualistisch die Rolle des Skeptikers im Selbstbild auch sein mag, die Argumente der Klimawandel-„Skeptiker und -innen“ sind so einheitlich wie vorhersagbar.

In diese Lücke stößt Erkenntnispsychologe John Cook vor: wer einmal Repertoire und Strategie der Klimawandelleugnerinnen und -leugner kennengelernt hat, erkennt das Muster auf den ersten Logik-Blick und hat sich immunisiert. So weit, so theoretisch, – aber wer hat im Getümmel von Likes, Shares & Fake News schon Zeit oder Lust für Hintergrundrecherchen? Stattdessen kann man mit Cooks Kunstfigur „Cranky Uncle“ in die Rolle des sturen Onkels schlüpfen, dem keine Spitzfindigkeit zu widersinnig erscheint, um die Klimawissenschaft als das zu enttarnen, was sie in der wirklich echten Wahrheit ist: ein Komplott 16-jähriger schwedischer Solarzellen-Verschwörer, um Europa ins Mittelalter zurück zu wirtschaften und so weiter.

Das macht Spaß, und als „Cranky Uncle“ darf man hemmungslos aus der ganzen Fundgrube der Denkfallen, Winkelzüge und Polemiken schöpfen, um der Wissenschaft eins auszuwischen. Von falschen Experten und Expertinnen über klassische Logikfehler bis hin zur Verschwörungstheorie ist auf dem Holzweg zum Crank-Highscore alles erlaubt. Tatsächlich – so die berechtigte Hoffnung von Cook – wird dabei das Erkennen dieser Fallstricke spielerisch eingeübt, bis es auch ohne Psychologiestudium „sitzt“. Wenn die Crowd-Funding-Initiative unter dem Motto “Das kritische Denken ins Muskelgedächtnis einbrennen” gelingt, gibt es den Cranky Uncle demnächst auch als App. (IO, Februar 2020)