Naturgefahren vermitteln, Eigenvorsorge stärken – Schwerpunkt: Migrantinnen/Migranten und Zuzügler (CCCapMig)

Gemeinden, Einsatzorganisationen und die Bevölkerung stehen im Fokus von Empfehlungen, wie Menschen mit Migrationshintergrund und österreichische Zuzügler besser über Naturgefahren informiert und zu Eigenvorsorge motiviert werden können.

Tafel "Hochwasser"

Bürgerinnen und Bürger, die noch nicht lange in einer Gemeinde wohnen, kennen die lokalen Gegebenheiten und die entsprechenden Risiken von Naturgefahren noch nicht. Dazu kommen bei Personen mit Migrationshintergrund oft sprachliche Hürden. Wie Zugezogene besser informiert und in die Naturgefahrenvorsorge eingebunden werden können, zeigt eine Sammlung von Empfehlungen. Diese Empfehlungen richten sich an Gemeinden, Einsatzorganisationen, in der Integration tätige Organisationen und an die Stellen der Bundesländer und des Bundes, die für den Schutz vor Naturgefahren verantwortlich sind. Enthalten sind auch Tipps für Bürgerinnen und Bürger, die sich aktiv vor Naturgefahren schützen wollen.

Als Personen mit Migrationshintergrund werden – unabhängig von ihrer Staatsbürgerschaft – jene Menschen bezeichnet, von denen beide Eltern im Ausland geboren sind, und die sich in erster oder zweiter Generation in Österreich befinden. Menschen mit Migrationshintergrund sind, auch wenn sie sich schon länger in Österreich befinden, über herkömmliche Kommunikationskanäle oft unzulänglich erreichbar. Die fehlende Einbindung in Vereine wie die Feuerwehr oder mangelndes Wissen zu historischen Hochwässern eines neuen Wohnortes trifft natürlich auch oft für österreichisch-stämmige Personen, die neu in eine Gemeinde kommen, zu.

Den Empfehlungen zugrunde lagen die Ergebnisse aus zwei Fallstudienregionen (Triestingtal in Niederösterreich und Steyr-Kirchdorf in Oberösterreich). Zentrale Erkenntnisse waren, dass das Risikobewusstsein von Zugezogenen, die noch wenige lokale Kontakte haben, besonders gering ist. In Orten, wo wiederholt Hochwässer auftreten und die Gemeinde regelmäßig informiert, herrscht ein höheres Risikobewusstsein. Bei der Eigenvorsorge zeigten sich kaum Unterschiede zwischen der langansässigen Bevölkerung, Zugezogenen, Migrantinnen und Migranten. In den meisten Fällen steigt die Motivation, selbst Maßnahmen zu setzen, erst nach Extremwetterereignissen und persönlicher Betroffenheit. Ein Faktor, der sich auf die Umsetzung der baulichen Schutzmaßnahmen auswirkt, ist jedoch, ob Wohnen im Eigentum oder in Miete vorliegt.. Da Personen mit Migrationshintergrund eher in Miete leben, sind sie hier in ihren Handlungsmöglichkeiten, am Mietobjekt selbst Maßnahmen zu setzen, eingeschränkt. Hinzu kommen die tendenziell geringeren finanziellen Möglichkeiten und Rücklagen, über die Personen mit Migrationshintergrund verfügen.

Die Empfehlungen unterstützen dabei,

  • das Thema Naturgefahren und Integration im breitesten Sinn zu verknüpfen,
  • das Bewusstsein für Risiken durch Naturgefahren zu erhöhen,
  • für das trotz technischer Schutzbauten verbleibende Restrisiko zu sensibilisieren,
  • zur Eigenvorsorge zu motivieren, 
  • die Betroffenheit der Bevölkerung in Gemeinden generell zu reduzieren und den sozialen Zusammenhalt sowie die Integration zu stärken.

Es zeigte sich, dass Gemeinden und Feuerwehren im Krisenfall die wichtigsten Informationsquellen für Bürgerinnen und Bürger mit und ohne Migrationshintergrund sind und auch die Institutionen, denen das meiste Vertrauen entgegengebracht wird. Deshalb liegt der Schwerpunkt bei den Empfehlungen auf Maßnahmen für Gemeinden und Feuerwehren. Neben aktiver Kommunikation zu verbleibenden Risiken (Restrisiken) und Eigenvorsorge können die Gemeinden auch mit gutem Beispiel vorangehen. Sie können Vorbildwirkung durch Freihaltung von Versickerungsflächen, durch Reduzierung der Versiegelung bzw. durch Entsiegelung sowie durch regelmäßige Wildbachbegehungen und Gewässerpflege entfalten. Sie können das Risikobewusstsein z.B. durch Tage der offenen Tür oder durch die Zusammenarbeit mit Vereinen, Kindergärten und Schulen stärken.

An die Feuerwehren sind Empfehlungen gerichtet, bei denen es um die Öffnung der Feuerwehren für Personen mit Migrationshintergrund und die Förderung der Eigenvorsorge sowie die Verbesserung der Kommunikation im Krisen- und Einsatzfall geht.

Für in der Integration tätige Organisationen gibt es Tipps, wie sich Integration und das Thema Naturgefahren verknüpfen lassen. Für Bauen und Sanieren zuständige Akteurinnen und Akteure gibt es ebenfalls Empfehlungen. Ein Beispiel dafür: Da Personen mit Migrationshintergrund beim Bauen und Sanieren versuchen, möglichst viel selbst zu machen, sind Kooperationen mit Baumärkten zum Thema Eigenvorsorge bei Naturgefahren eine gute Idee.

Auch für die breite Bevölkerung gibt es Ratschläge für Vorsorge vor Naturgefahren. Diese sind so formuliert, dass sie kopiert und von den Gemeinden oder Feuerwehren für ihre Webseiten übernommen werden können.

Finanziert wurde das Projekt „CCCapMig – Risikobewusstsein und Eigenvorsorge von MigrantInnen in Österreich“ vom Klima- und Energiefonds. Beteiligt waren das Umweltbundesamt, die Universität für Bodenkultur Wien und die Bundesanstalt für Agrarwirtschaft und Bergbauernfragen. (Juni 2019)