Metaanalyse: Was motiviert Menschen, sich auf Klimarisiken einzustellen?

Extremwetterereignisse wie Überschwemmungen, Hitzewellen und Dürren werden durch den Klimawandel verstärkt. Es ist deshalb wichtig, sich darauf vorzubereiten. Aber wie lassen sich Menschen motivieren, sich an veränderte Klimaverhältnisse anzupassen? Den größten Einfluss haben Menschen, die einem nahestehen, so das Ergebnis einer Meta-Analyse von Forschungsarbeiten im Fachjournal Nature Climate Change.

Das Wissen über den Klimawandel allein hat nur eine begrenzte Wirkung, wenn es darum geht, Menschen zu einem geänderten Verhalten zu bewegen. Was aber motiviert Menschen auf der Ebene von Denken und Fühlen dazu, sich auf die Folgen des Klimawandels vorzubereiten?

Dieser Frage sind Anne van Valkengoed und Linda Steg von der niederländischen Universität Groningen nachgegangen. Sie haben den Forschungsstand in einem Aufsatz im Fachmagazin Nature Climate Change zusammengefasst. Die Analyse basiert auf Daten aus 106 Einzelstudien mit insgesamt rund 64.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus 23 Ländern.

Von 13 näher betrachteten Faktoren hatten folgende vier die stärkste Wirkung, Menschen zur Anpassung zu motivieren:

  • Wahrnehmen, was die anderen tun ("descriptive norms"): Für Menschen ist es wichtig zu wissen, ob und wie sich andere Menschen an den Klimawandel anpassen. Es hilft ihnen zu beurteilen, welches Verhalten möglicherweise effektiv ist.
  • Sorge vor dem, was kommt ("negative affect"): Menschen versuchen in der Regel, negative Gefühle zu vermeiden – weshalb negative Affekte ihre Anpassungsbereitschaft verstärken können. Menschen freunden sich zudem lieber mit Maßnahmen an, die sich in der Planungsphase befinden als mit Maßnahmen, die bereits getroffen wurden.
  • Überzeugung, dass eine bestimmte Handlung etwas nützt ("outcome efficacy"): Je eher die Menschen der Meinung sind, dass bestimmte Anpassungsmaßnahmen wirksam sind, desto eher sind sie bereit, sich auf diese einzulassen.
  • Vertrauen darauf, dass man selbst etwas ändern kann ("self-efficacy"): Die sogenannte „Selbstwirksamkeit“ spiegelt das Ausmaß wider, in dem Menschen glauben, dass sie in der Lage sind, etwas zu tun.

Diese vier Motivationsfaktoren bewegen Menschen am ehesten dazu, sich besser an die Risiken des Klimawandels anzupassen, beispielsweise sich besser über Klimagefahren zu informieren, passende Versicherungen abzuschließen oder (im Extremfall) sich aus gefährdeten Regionen zurückzuziehen.

Nur ein schwacher Zusammenhang zeigt sich in den untersuchten Studien zwischen dem Wissen über den Klimawandel und der Anpassungsbereitschaft. Eine stärkere Wirkung, Schutzmaßnahmen zu ergreifen, haben emotionale Bindungen an einen Ort, etwa an ein Haus, eine Umgebung oder eine lokale Gemeinschaft.

Eine schwach positive Wirkung auf die Anpassungsbereitschaft haben Motive wie soziale Anerkennung beziehungsweise das Vermeiden sozialer Sanktionen. Menschen können demnach durchaus ihr Verhalten ändern, wenn sie dazu von ihrem Umfeld bestärkt werden.

Weiterer Forschungsbedarf

Als weiteres Ergebnis der Meta-Analyse hat sich gezeigt, dass Studien zu Motivationsfaktoren und Anpassungsverhalten bisher Klimarisiken wie Hitzewellen und Dürren sehr selten behandeln. Dies möglicherweise auch deshalb, weil drei Viertel der Studien in Nordamerika und Europe durchgeführt wurden. Die beiden Autorinnen halten es für „dringend“ nötig, auch in Entwicklungsländern mehr Studien durchzuführen, weil diese der Klimakrise stärker ausgesetzt sind.

Sehr häufig betrachtet wurde in den Studien, ob Menschen ihr Verhalten ändern, wenn sie bestimmte Risiken stärker wahrnehmen. Laut der Meta-Analyse gibt es aber deutlich wichtigere Faktoren für das Anpassungsverhalten als die Risikowahrnehmung. Kaum untersucht sind Faktoren, die die Suche nach Informationen fördern oder die Bereitschaft zu Evakuierungen als Anpassungsmaßnahme.

Für Thorsten Grothmann, leitender Wissenschaftler am Lehrstuhl für Ökologische Ökonomie an der Universität Oldenburg, zeigt die Studie, wie klein die Rolle offenbar ist, die das Wissen über Risiken und Probleme spielt. Er sieht eine Chance darin, dass wahrgenommene soziale Normen zum Anpassungshandeln einen weitaus größeren Einfluss haben. Diese können in der Klimakommunikation beispielsweise über Geschichten zu Vorbildern der Anpassung gezielt angesprochen werden, so Grothmann. (EM, Februar 2020)