ACCLIMATASION - Klimaangepasste Stadtentwicklung in der Schweiz

Es liegen bereits viele nationale oder regionale Klimawandelanpassungsstrategien vor. Der Schritt zur Umsetzung stellt die Verantwortlichen in Städten und Gemeinden vor nicht einfache Herausforderungen: Wie können die übergeordnet formulierten Anpassungsmaßnahmen auf lokaler Ebene umgesetzt werden? Ein erfolgreiches Beispiel dafür kommt diesmal aus der schweizerischen Stadt Sitten.

Platzgestaltung in Sitten
Place de Remparts

In der Umsetzung von Klimawandelanpassungsmaßnahmen auf lokaler Ebene verfolgte die Schweiz in den letzten Jahren einen Ansatz, der durchaus das Prädikat „Nägel mit Köpfen“ verdient: Zwischen 2013 und 2017 wurden im Zuge eines Pilotprogramms unter Beteiligung von sechs Bundesämtern und 137 Projektpartnern 31 Projekte mit einem Gesamtvolumen von 7,5 Mio. Schweizer Franken (davon 50 Prozent Bundesmittel) realisiert. Individuelle Schwerpunkte der Pilotprojekte waren lokale Wasserknappheit (8 Projekte), Naturgefahrenmanagement (6 Projekte), Ökosystem- und Landnutzungsänderungen (10 Projekte), klimaangepasste Stadtentwicklung (3 Projekte) sowie Wissenstransfer und Governance (4 Projekte).

Am Beispiel von „ACCLIMATASION: Eine klimaangepasste Stadtentwicklung für Sitten“ wird im Folgenden auf eines dieser Schweizer Pilotprojekte näher eingegangen, dessen Ausgangslage auch auf österreichische Städte zutrifft: Dichte Bebauung, fehlende Vegetation, Luftschadstoffe und Abwärme können in Städten und Agglomerationen sogenannte „Wärmeinseln“ erzeugen. Die Wirkung hoher Temperaturen wird dadurch verstärkt. Der größtenteils versiegelte Boden kann zudem Regenwasser nur begrenzt aufnehmen, sodass bei intensiven Niederschlägen Überschwemmungen drohen. Als Folge des Klimawandels werden Hitzewellen und Starkniederschläge künftig häufiger auftreten. Durch Maßnahmen wie die Schaffung von Grünflächen oder offenen Wasserläufen und durch die Verbesserung der Bodendurchlässigkeit lassen sich die Hitzebelastung und das Überschwemmungsrisiko in den Städten reduzieren.

In der Innenstadt von Sitten (frz.: Sion) im Kanton Wallis waren zwar solche Anpassungsmaßnahmen durchaus bereits vor Projektstart 2014 vorhanden, in anderen Stadtteilen und auf privaten Grundstücken war dies bis dahin jedoch kaum der Fall - unter anderem, weil bei den Entscheidungstragenden und der Bevölkerung das Problembewusstsein noch zu wenig ausgeprägt war.

Daraus abgeleitet beschränkte sich das übergeordnete Projektziel aber nicht nur allein auf die Sensibilisierung von Politik, Verwaltung und Bevölkerung für die Notwendigkeit von Anpassungsmaßnahmen. Man hatte vielmehr auch eine klimaangepasste Stadtentwicklung im Blick, um die Lebensqualität sowie die biologische Vielfalt zu erhöhen. Die Grundlage dafür bildeten Pilotmaßnahmen zur Reduktion des Wärmeinsel-Effekts sowie des Risikos von Überschwemmungen, die auf privatem und öffentlichem Grund umgesetzt wurden.

Inhaltlich lässt sich das Projekt in folgende Schritte gliedern:

  • Mobilisierung privater Grundstückseigentümer zur Beteiligung am Projekt
  • Auswählen von Pilotgrundstücken auf privatem und öffentlichem Grund 
  • Realisieren geeigneter Anpassungsmaßnahmen (Begrünung, Beschattung, offene Wasserläufe, Erhöhung der Bodendurchlässigkeit etc.)
  • Evaluation der Maßnahmen und Ableiten von Empfehlungen
  • Erstellen einer Sammlung guter Beispiele zur Information der Entscheidungsträger und der Bevölkerung
  • Integration von Empfehlungen in die Instrumente zur Stadt- und Raumentwicklung (Stadtplanung, Zonenpläne, Bauordnung etc.), Entwicklung eines Aktionsprogramms für die Gestaltung und die Pflege des öffentlichen Raums
  • Kommunikation der Ergebnisse und Sensibilisierung über Veranstaltungen, Publikationen, Website, Erfahrungsaustausch (auch mit anderen Städten)

Auch am Beispiel der Stadt Sitten zeigt sich, dass trotz so mancher Herausforderungen wie fehlender Klimawandel- und Anpassungs-Expertise auf lokaler Ebene, und/oder mangelnder (politischer) Gewichtung es die Gemeinden sind, wo Anpassung an den Klimawandel letztendlich tatsächlich – und sichtbar - passiert. Die Gemeinden sind daher die wichtigste politische Ebene sowie der Schlüssel zur Umsetzung entsprechender Maßnahmen. Wichtige Erfolgsfaktoren sind dabei sichtbare Ergebnisse; welche im Idealfall auch die Lebens(raum)qualität erhöhen, engagierte  Personen, aktive Medien- und Öffentlichkeitsarbeit sowie die enge und im persönlichen Kontakt auf Augenhöhe stattfindende Kooperation zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Daneben müssen natürlich auch die entsprechenden finanziellen Ressourcen vorhanden sein.