Wein-Degustation, Bodenkino und Dürre-Alarmplan: Das tun KLAR!-Regionen für die Landwirtschaft

„Rekordhitze und Dürre verursachten Einkommensminus“, Schlagzeilen wie diese waren in Bezug auf die Trockenheit im Jahr 2018 häufig zu lesen. Die Landwirtschaft ist besonders stark vom Klima abhängig. 15 der 20 KLAR!-Regionen setzen Maßnahmen, um die Lebensmittelproduktion auf die Folgen von Starkregen, Dürre und anderen Wetterextremen vorzubereiten. Drei dieser Regionen stellen Maßnahmen vor, mit denen sie den Ackerbau, Obst- und Weinbau klimafit machen.

"Rekordhitze und Trockenheit waren im Vorjahr die Hauptgründe für ein neuerliches Einkommensminus in der Landwirtschaft“, so Josef Moosbrugger, der Präsident der Landwirtschaftskammer Österreich. Neben extremer Hitze und Trockenheit ist die Landwirtschaft durch Niederschlagsveränderungen und Starkregen, Überschwemmungen, Schädlinge und Krankheiten vom Klimawandel betroffen. Landwirte stehen dadurch vor großen Herausforderungen, die die gesamte Gesellschaft betreffen, denn auf Lebensmittel sind wir alle angewiesen. Die KLAR!-Regionen Pulkautal, Mittleres Raabtal sowie Unteres Traisental & Fladnitztal sind stark landwirtschaftlich geprägt und setzen ihren Schwerpunkt daher auf Maßnahmen in der Landwirtschaft.

KLAR!-Mittleres Raabtal bereitet Landwirtschaft auf den Klimawandel vor

Veranstaltungsteilnehmende KLAR! Raabtal

„Es ist Zeit zu handeln“, sind sich die Bürgermeister der KLAR!-Mittleres Raabtal einig. Seit 2017 bilden die drei Gemeinden Feldbach, Paldau und Eichkögl die landwirtschaftlich geprägte KLAR!-Region. Neben dem Ackerbau spielen der Obst- und Weinbau eine Rolle. Aus diesem Grund sind die Folgen des Klimawandels verhältnismäßig stark im landwirtschaftlichen Bereich spürbar. Hier möchten die Gemeinden nicht tatenlos zuschauen und schnürten in der Konzeptphase mehrere Maßnahmen, um die Landwirtschaft entsprechend auf die Veränderungen vorzubereiten. Diese reichen von nachhaltiger Bodenbewirtschaftung, klimaangepasstem Garteln bis hin zur Spätfrostbekämpfung im Obst- und Weinbau.

Veranstaltungsreihe „Boden von dem wir leben“

In Kooperation mit dem Obst- und Gartenbauverein Feldbach und einem regionalen Boden-Experten wurde eine umfassende Veranstaltungsreihe kreiert. Die Themen reichen vom Humusaufbau über Mikroorganismen im Ackerbau bis hin zu neuralgischen Erosionsstellen in den Ortsteilen. Es werden Bodenstammtische und Exkursionen organisiert sowie Symposien und Ganztagesseminare durchgeführt. Ein Highlight war das Bodenkino, bei welchem der Film „Humus – Der Film“ im Feldbacher Kino gezeigt wurde. Über knapp 200 Besucherinnen und Besucher freuten sich die Bürgermeister bei der Auftaktveranstaltung „Boden von dem wir leben“.

Sujet Boden von dem wir leben

Spätforst-Bekämpfung im Obst- und Weinbau

In den Jahren 2016 und 2017 verursachten Frosteinbrüche im Frühling enorme Schäden in der regionalen Landwirtschaft. Durch die immer früher beginnende Vegetationsperiode wird Spätfrost auch in den nächsten Jahren ein Thema bleiben. Aus diesem Grund lud die KLAR!-Mittleres Raabtal zum Erfahrungsaustausch-Treffen ins Gemeindeamt. DIin Sabrina Dreisiebner-Lanz, wissenschaftliche Expertin von Joanneum Research, stellte Ergebnisse aktueller Versuchsmessungen vor. Obst- und Weinbauern der Region brachten ihre Erfahrungen ein und berichteten von geglückten und misslungenen Versuchen.

Kooperation mit Schulen

Die Einbindung der Schulen ist den Gemeinden der KLAR!-Mittleres Raabtal ein großes Anliegen. Gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern wird eine Bodengrube ausgehoben und ein Bodenprofil erstellt. „Den Boden mit allen Sinnen begreifen“, lautet das gemeinsam erklärte Ziel.

Steckbrief KLAR! Mittleres Raabtal:

  • Mitglieder: 3 Gemeinden
  • Fläche: 121 km²
  • Bevölkerung: 17.681 Personen
  • Ansprechperson: Ing. Karl Puchas, MSc

KLAR! Pulkautal

Weinbau und die Landwirtschaft – das sind die zentralen Themen in der KLAR!-Pulkautal. Der Einfluss des Klimawandels spielt dabei eine essentielle Rolle auf die weitere Entwicklung der Region.

Wiederkehrende Starkregenereignisse, zunehmende Hitze, längere Trockenperioden und die Auswirkungen auf die Vegetation machen künftig eine angepasste Bewirtschaftung in Weinbau und Landwirtschaft unumgänglich und führen zu Veränderungen im Produktsortiment.

Wanderungen durch Weingärten und Kellergassen

In allen sechs Gemeinden der KLAR!-Pulkautal werden Weingartenwanderungen mit einheimischen Winzern und Kellergassenführerinnen und -führern sowie Fachexpertinnen und -experten angeboten, die über die Auswirkungen des Klimawandels auf den Weinbau im Pulkautal informieren.

Bei jeder Weingartenwanderung ist ein Winzer sozusagen der Gastgeber, der durch seine Weingärten führt und dabei seine Beobachtungen und Erfahrungen bezüglich der klimatischen Entwicklungen und deren Einflüsse auf den Weinbau aus den letzten Jahren zum Ausdruck bringt. Unterstützt werden diese Ausführungen von einem Experten der Landwirtschaftskammer NÖ, der mit fachlich kompetenten Ergänzungen die Ereignisse und die Zukunftsentwicklung des Weinbaus analysiert.
Der direkte Kontakt mit der Natur und die emotionale Bindung zur Region soll ein Umdenken der betroffenen Winzer bewirken, um die Chancen aber auch die Herausforderungen des Klimawandels richtig zu nutzen.

Bei einer zünftigen Kellerjause und einem guten Tröpfchen Wein werden anschließend die erworbenen Erkenntnisse diskutiert und weitere Anpassungsmaßnahmen angedacht.

Wein-Degustation 2050 – wie und was schmeckt uns dann?

Teilnehmende der Weindegustation

Sommeliers und Experten präsentierten der Bevölkerung eine zukunftsorientierte Weindegustation unter dem Titel „Wie und was schmeckt uns 2050? - Stellen wir uns gemeinsam den neuen Herausforderungen“.

Unter Berücksichtigung der klimatischen Aspekte wurden Weine aus Neuseeland, Australien, Portugal, Frankreich und Spanien mit heimischen Weinen ähnlicher Geschmacksnuancen verglichen. In einem eindrucksvollen Vortrag präsentierte der Weinexperte die Anpassungsmöglichkeiten, die bei zeitgerechtem Reagieren und Handeln hohe Zukunftschancen für die Region Pulkautal bieten. Hier steht man vor der Herausforderung, die Basis für geeignete Weinsorten, die damit verbundene Bewirtschaftung genauso wie die Schädlingsbekämpfung vorausblickend und somit für Generationen zu legen.

Schauweingarten – Der Wein im Pulkautal

In Kooperation mit der Landwirtschaftlichen Fachschule Hollabrunn entsteht ein Schauweingarten mit Rebsorten, die derzeit in der Region nicht üblich sind, aber für die bevorstehenden klimatischen Bedingungen optimal geeignet sind.

Unser generelles Resümee der KLAR!-Pulkautal ist das große Interesse und der Zuspruch der Bevölkerung an den bisher angebotenen KLAR!-Veranstaltungen wie Podiumsdiskussionen, Weingartenwanderungen, der Weindegustation, einem Weiterbildungsseminar, uvm.

Steckbrief KLAR!-Pulkautal:

  • Mitglieder: 6 Gemeinden
  • Fläche: 128,98 km²
  • Bevölkerung: 8.500 Personen
  • Ansprechperson: Doris Mutz

KLAR! Wir passen uns an!

Die KLAR! Unteres Traisental & Fladnitztal ist durch den bestehenden Klimawandel bereits stark betroffen. Sowohl im Weinbau als auch im Wald sind die Veränderungen schon deutlich erkennbar. Dazu kommen Herausforderungen, mit denen das Traisental eigentlich seit jeher vertraut ist, die jedoch nun immer häufiger auftreten: Hochwasser und Trockenheit. Die Traisen hat die ungewöhnliche Situation, im Hochwasserfall bis zu 600.000 l/s abführen zu müssen, während in manchen Trockenzeiten kaum 500 l/s im Fluss zu finden sind. Das KLAR!-Programm unterstützt die Region in ihren Bestrebungen, sich diesen Herausforderungen zu stellen.

Es besteht also in der Region die Diskrepanz, dass es einerseits mehr Wasser regnet und andererseits weniger Wasser zur Verfügung steht. Hier müssen Maßnahmen gefunden werden, welche auf die veränderten Bedingungen vorbereiten und dem derzeitigen Klimawandel entgegen wirken.

Dürre – die Herausforderung in der Land- und Forstwirtschaft

Im Weinbau beschäftigt sich die Region intensiv damit, dass auch in den immer länger werdenden Trockenperioden ausreichend Wasser zur Verfügung stehen wird. Dazu sind neben landwirtschaftlichen Maßnahmen vor allem auch politische Entscheidungen zu treffen, damit der Niederschlag dort gehalten werden kann, wo er fällt und langfristig zur Verfügung steht. Retentionsräume und Sickerböden werden mit Filter- und Pufferzonen kombiniert. Dies ist ein langfristiger Prozess, doch gibt es bereits große Umsetzungserfolge. Die Bürgermeister und viele Betroffene ziehen an einem Strang.

Im Wald ist man mit großen Dürren konfrontiert. Durch die Temperaturerhöhung – lokale Waldbesitzer haben bereits +3 Grad in den letzten 30 Jahren gemessen – sind die Wälder anfälliger für Borkenkäfer-Schäden. Zusätzlich stellt das Eschentriebsterben die Waldeigentümer vor große Herausforderungen, auch wenn dies nicht direkt auf den Klimawandel zurückzuführen ist. Diversifizierung und das Streben nach einem resilienten Wald stehen als Lösung im Vordergrund. Dieser Entwicklungsprozess erfordert Mut und Ausdauer.

Highlights: Regionaler Klimagipfel und Think-Tank „Alarmplan Dürre“

Ein herausragendes Projekt dieser Förderperiode ist der regionale Klimagipfel, der neben einem hochgradigen Fachpublikum aufgrund seines spannenden Formats in ganz Niederösterreich zum Gesprächsthema wurde. Für die 2. Ausgabe im Herbst gibt es bereits eine große Anzahl an Anmeldungen.

Teilnehmende beim Klimagipfel in der KLAR! Unteres Traisental & Fladnitztal
Klimagipfel in der KLAR! Unteres Traisental & Fladnitztal

Besonders stolz ist die Region außerdem auf den Think-Tank, den die Region zum Thema „Alarmplan Dürre“ durchgeführt hat. Zwei Tage lang gingen 45 ausgewählte Expertinnen und Experten in einem Design-Thinking-Prozess von Klaus Weissmann der Frage nach, was sich in einer Region tut, wenn es zu einer schleichenden Dürresituation kommt und die Gier ums Wasser beginnt. Dabei zeigte sich: Noch ziehen alle an einem Strang. Noch gibt es ausreichend Wasser, um die Herausforderungen des aktuellen Klimawandels zu beherrschen. Falsche Entscheidungen gefährden aber langfristig nicht nur unseren Wohlstand sondern unsere Existenz. Das rüttelt wach!

Steckbrief KLAR! Unteres Traisental & Fladnitztal:

  • Mitglieder: 7 Gemeinden
  • Fläche: 192 km²
  • Bevölkerung: 23.486 Personen
  • Ansprechperson: DI Alexander Simader

Informationen zum KLAR!-Programm

Der Klima- und Energiefonds hat 2016 gemeinsam mit dem BMNT ein europaweit einzigartiges Förderprogramm ins Leben gerufen, das österreichische Regionen dabei unterstützt, sich als Klimawandel-Anpassungs-Modellregionen (KLAR!) auf die Folgen des Klimawandels vorzubereiten. Im ersten Schritt erstellten die KLAR!-Regionen ein Anpassungskonzept mit zehn regional zugeschnittenen Maßnahmen. Nun starten die Regionen mit der Umsetzung der geplanten Maßnahmen. Die KLAR!-Serviceplattform begleitet die Regionen bei diesem Anpassungsprozess und berät die Regionen inhaltlich, stellt Informationen bereit und organisiert Vernetzungstreffen. Nähere Informationen zum KLAR!-Programm und zu den teilnehmenden Regionen finden Sie unter www.klar-anpassungsregionen.at (AS, April 2019)

Kontakt:

KLAR!-Programmmanager:
Mag. Gernot Wörther, Klima- und Energiefonds 
KLAR!-Serviceplattform