Weltklimarat präsentiert globalen Wissensstand zum Klima

Am 20. März 2023 veröffentlichte der Weltklimarat (IPCC) den sechsten Synthesebericht. Einmal mehr ist die Botschaft alarmierend: die Klimakrise ist aktueller denn je. Es bleibt nicht mehr viel Zeit, um die schlimmsten Folgen zu verhindern. Anpassung ist ebenso wichtig wie Klimaschutz, hat aber auch Grenzen.

Foto Kind mit Weltkugel als Eis

Mehr als 18.000 Studien sind die Grundlage für den aktuellen Synthesebericht des Weltklimarats. Der Synthesebericht fasst den globalen Wissensstand zum Klima aus insgesamt drei Teilberichten und drei Sonderberichten zusammen. Er geht auf den aktuellen Status und Trends, Risiken, Langzeitfolgen und die Zukunft des Klimawandels ein. Damit vermitteln die Autor:innen ein ganzheitliches Bild davon, wie der menschengemachte Klimawandel unseren Planeten beeinträchtigt und wie wir damit umgehen können. Verfasst wurde der Synthesebericht von einem Kernteam aus knapp 280 Autor:innen aus 65 Ländern.

Seit der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts (1850-1900) ist die Temperatur global bereits um 1,1°C gestiegen. Für den Anstieg der Temperatur sind menschliche Aktivitäten verantwortlich, allen voran der Ausstoß von Treibhausgasen. Die Folgen dieser Erwärmung wirken sich auf unsere Lebensgrundlagen aus – auf Gesundheit, Nahrungssicherheit, Wasserversorgung und den Naturraum. Es liegt daher in unserem ureigenen Interesse, den Klimawandel aufzuhalten. Bereits jetzt leben etwa 3,5 Milliarden Menschen weltweit unter Bedingungen, die besonders stark vom Klimawandel betroffen sind. Der Klimawandel verstärkt die sozialen Ungleichheiten: Diejenigen, die am wenigsten Treibhausgase verursachen, bekommen die Folgen am stärksten zu spüren.

Die Kernaussagen des Berichts lauten:

  • Der Klimawandel hat sich beschleunigt und wird in Zukunft voraussichtlich noch schneller voranschreiten.
  • Die Wahrscheinlichkeit, die globale Erwärmung von 1,5°C langfristig zu überschreiten, ist im Vergleich zum 1,5°C -Sonderbericht von 2018 bereits gestiegen. In der näheren Zukunft bis 2040 ist es eher wahrscheinlicher, dass die Erwärmung selbst mit sehr niedrigen Emissionsszenarien auf 1,5°C steigt. Dennoch ist es noch möglich, die Erwärmung auf 1,5°C zu halten – allerdings nur, wenn die Treibhausgas-Emissionen möglichst rasch möglichst stark reduziert werden, und zwar weltweit und in allen Sektoren. Bis 2030 müssten die Emissionen in allen Sektoren auf die Hälfte reduziert werden.
  • Kaskadeneffekte als direkte und indirekte Folgen des Klimawandels werden uns in Zukunft stärker beschäftigen – das bedeutet, dass die Risiken zunehmend komplexer und schwieriger zu managen sein werden. Beispielsweise werden Versorgungsketten und die Nahrungsmittelversorgung sowohl vom Klimawandel beeinträchtigt (etwa durch Missernten infolge von Dürreperioden oder Unwetter) als auch von Faktoren, die nichts mit dem Klimawandel zu tun haben, wie etwa Konflikte um Landnutzung (Wird eine Fläche für Lebensmittelproduktion oder als Siedlungsraum genutzt?).
  • Die Entscheidungen und Maßnahmen, die wir als Weltgemeinschaft in diesem Jahrzehnt treffen, werden langfristige Auswirkungen haben. Die Entwicklungen der vergangenen Jahre und beobachtete Veränderungen zeigen, dass Klima-Maßnahmen dringender sind, als im letzten Synthesebericht 2014 angenommen.

Anpassung ist essentiell, hat aber Grenzen

Die Autor:innen stellen fest, dass die Anpassung an den Klimawandel weltweit in allen Sektoren fortschreitet und Wirkung zeigt. Insbesondere naturbasierte Maßnahmen wirken Klimarisiken effektiv entgegen, etwa indem sie Überschwemmungsrisiken mindern oder städtische Überhitzung reduzieren. Dennoch gibt es Lücken in der Anpassung. Aktuell reichen die Anpassungsbemühungen nicht aus, um die Folgen des Klimawandels abzufedern. Darüber hinaus kommt es zu Fehlanpassungen in einigen Sektoren und Regionen. Im AR6-Synthesebericht der Arbeitgruppe II definiert der IPCC Fehlanpassung als „Handlungen, die zu einem erhöhten Risiko nachteiliger klimawandelbedingter Änderungen führen können, unter anderem durch erhöhte Treibhausgasemissionen, erhöhte oder verlagerte Verwundbarkeit gegenüber dem Klimawandel, ungerechtere Resultate oder verminderten Wohlstand, jetzt oder in Zukunft. In den meisten Fällen ist Fehlanpassung eine unbeabsichtigte Folge.“

Zudem hat auch die Anpassung Grenzen: selbst wenn Anpassungsmaßnahmen effektiv umgesetzt werden, können nicht alle Schäden und Verluste durch den Klimawandel verhindern werden. Weiche Grenzen in der Anpassung treten insbesondere auf, wenn nicht genügend strukturelle oder finanzielle Mittel für Anpassungsmaßnahmen zur Verfügung stehen, auch wenn die Anpassung theoretisch noch möglich wäre. Harte Grenzen hingegen bedeuten, dass kein Spielraum für Anpassung bleibt – dies könnte beispielsweise kleine Inseln oder Regionen, die von Gletscher- und Schneeschmelze abhängen und keine Süßwasserreserven mehr haben, betreffen.

Barrieren für die Anpassung an Klimawandelfolgen sind:

  • Beschränkte Ressourcen
  • Geringes Engagement des Privatsektors und von Bürger:innen
  • Unzureichende Finanzierung (inklusive Forschung)
  • Geringe Klimakompetenz 
  • Geringes Commitment seitens der Politik
  • Eingeschränkte Forschung und geringe Umsetzung der Forschungsergebnisse und
  • Geringes Dringlichkeitsgefühl

Anpassungsmaßnahmen sind heute noch effektiv und gut umsetzbar. Die Anpassungsmöglichkeiten und Effektivität der Maßnahmen nehmen jedoch ab, je stärker der Klimawandel fortschreitet. Denn je stärker die Klimaerhitzung zunimmt, desto mehr eskalieren die damit verbundenen Risiken, nachteiligen Auswirkungen, Schäden und Verluste durch den Klimawandel. Da es oft ein längerer Prozess ist, gute Anpassungsmaßnahmen umzusetzen, ist es wichtig, sie vorausschauend zu planen und jetzt zu starten.

Es fehlt an Klimabudget

Das Budget, das für Anpassung veranschlagt ist, entspricht nicht den geschätzten Kosten. Die derzeitigen Investitionen sind um das drei- bis sechsfache niedriger, als bis 2030 erforderliche wäre, um die Erwärmung auf unter 1.5°C oder 2°C zu halten, warnt der Weltklimarat. Weitaus mehr Geld fließt in fossile Energien - diese erhalten immer noch mehr private und öffentliche Gelder, als in Klimaschutz und Klimawandelanpassung investiert werden. (AS, April 2023)