PRESENCE: Resilienz des Energiesystems in Hinsicht auf Klimawandel und mögliche Energiekrisen

Unser heutiges Energiesystem trägt - infolge der Treibhausgasemissionen - zum Klimawandel bei, ist jedoch gleichzeitig auch vulnerabel gegenüber Klimawandelfolgen. Das Projekt PRESENCE untersucht seit 2011 die Widerstandsfähigkeit des österreichischen Energiesystems in Hinsicht auf Klimawandel und mögliche Energiekrisen und wie diese gesteigert werden kann.

Energiesysteme – Einfluss auf Klimawandel und gleichzeitig beeinflusst von Klimawandelfolgen

Zum einen tragen heutige Energiesysteme immer noch in einem hohen Ausmaß zur Emission von Treibhausgasen bei und so auch zum Klimawandel. Auf der anderen Seite sind Energiesysteme von Klimawandelfolgen betroffen. So ändern sich äußere Rahmenbedingungen und Grundlagen der Energieversorgung, wie beispielsweise die Produktion aus Wasserkraftwerken. Ebenso kann es zu (zeitlichen und räumlichen) Änderungen in der Energienachfrage kommen, z.B. hinsichtlich Heizen und Kühlung. Für eine nachhaltige Entwicklung von Energiesystemen sind daher sowohl Klimaschutz, als auch Anpassung an den Klimawandel wesentliche Aspekte.

Das heutige Energiesystem muss in den nächsten Jahrzehnten einen grundlegenden Umstrukturierungsprozess vollziehen. Klimaschutzziele sowie die begrenzte Verfügbarkeit fossiler Ressourcen machen dies zwingend notwendig. Ziel ist unter anderem die Entwicklung kohlendioxidarmer und –freier Energiesysteme. Infolge der limitierten fossilen Ressourcen (wie Öl), aufgrund möglicher globaler Konflikte sowie sozio-demographischer Veränderungen können Energieengpässe entstehen, die Energiekrisen herbeiführen können. Diese Anfälligkeit für Krisen macht Energiesysteme besonders vulnerabel, unter anderem auch für Klimawandelfolgen.

Eine zentrale Zukunftsfrage ist daher, wie Klimaschutzbemühungen, Anpassungsmaßnahmen und die Berücksichtigung der sich ändernden Rahmenbedingungen simultan betrachtet und in eine nachhaltige Entwicklung von Energiesystemen integriert werden können.

Energierelevante Klimawandelfolgen und Resilienz von Energiesystemen

Ziel des vom Klima- und Energiefonds geförderten Projektes PRESENCE ist es, Wege und Maßnahmen zu entwickeln und anzubieten, die die Resilienz des österreichischen Energiesystems hinsichtlich Energiekrisen und Klimawandelfolgen fördern. Die im Rahmen des Projektes identifizierten Maßnahmen sollen sowohl Anpassungs- als auch Klimaschutzwirkung aufweisen. Neben dem Klimawandel werden weitere zentrale Einflussfaktoren auf das Energiesystem berücksichtigt, wie demographische Trends, technologischer Wandel und mögliche Energiekrisen und –Schocks.

Im Rahmen von PRESENCE werden folgende Sektoren unter dem Begriff österreichisches „Energiesystem“ näher betrachtet: 1) Wasserkraft, 2) ausgewählte Aspekte der Kühlwasserverfügbarkeit von thermischen Kraftwerken und Industrie 3) Heizen und Kühlen von Gebäuden, 4) Stromerzeugung, -speicherung und -übertragung.

Zur Bearbeitung dieser Sektoren wurden folgende eingesetzt: Klimaszenarien wurden aus den Modellen REMO, RegCM3 und Aladin verwendet. Diese dienen als Input zur Analyse der Folgen auf Hydrologie (und daraus abgeleitet der Wasserkrafterzeugung), Lastkurven für Heizen und Kühlen, gesamten Heiz- und Kühlenergiebedarf sowie das Zusammenwirken der gesamten Stromerzeugung und Nachfrageänderungen.

Vorläufige Ergebnisse aus PRESENCE:

Auf dem Weg zu den Empfehlungen für das österreichische Energiesystem werden folgende Themen vertiefend bearbeitet:

  • Klimaszenarien basierend auf 3 RCMs (ENSEMBLE project, A1B emission scenario) Bias korrigiert und lokalisiert und dem INCA dataset (1x1 km) für Österreich bis 2100;
  • Wasserkraft-Erzeugung unter Klimaszenarien;
  • methodischer Ansatz zur Bewertung der Auswirkungen von Extremereignissen auf Energiesysteme;
  • Heiz-und Kühlenergiebedarf in Österreich unter verschiedenen Klimawandel-Szenarien und anderen exogenen Parametern bis 2080;
  • Entwicklung der Stromversorgung bis 2080 abgebildet sowie Resilienz-Indikatoren für das Energiesystem;

Erste Ergebnisse zu einzelnen Aspekten liegen bereits vor, eine Auswahl dieser wird im Folgenden näher erläutert.

Klimawandeleffekte auf Heizen und Kühlen

Die folgende Abbildung zeigt die Auswirkungen des Klimawandels auf Heizen und Kühlen im „grey“-Szenario, das über die bisher implementierten Maßnahmen (Stand Anfang 2012) keine zusätzlichen Verschärfungen oder politische Schritte vorsieht. Gegenüber den durch Gebäudesanierung erzielbaren Einsparungen an Heizenergie bleibt der Einfluss des Klimawandels moderat. Der Kühlenergiebedarf könnte je nach Klimawandel-Szenario und der künftigen Diffusion von Klimaanlagen deutlich ansteigen. Durch die daraus resultierenden Lastprofile (Schwankungen in den abgenommen Leistungen) entstehen nicht unwesentliche Herausforderungen.

Bis Projektende werden weitere Szenarien entwickelt, die von einer stärkeren künftigen Forcierung von Effizienzmaßnahmen sowie erneuerbarer Heiz- und Kühlsysteme ausgehen. Diese haben das Potenzial sowohl Heiz- als auch Kühlenergiebedarf deutlich zu reduzieren.

Klimawandeleffekte auf Heizen
Klimawandeleffekte auf Heizen (Vorläufige Ergebnisse.) Dargestellt ist das „grey“ – Szenario.
Klimawandeleffekte auf Kühlen
Klimawandeleffekte auf Kühlen (Vorläufige Ergebnisse.) Dargestellt ist das „grey“ – Szenario.

Die Zusammenführung der Änderung des Strombedarfs (und entsprechender Lastprofile) für Heizen und Kühlen einerseits und der Stromerzeugung andererseits erfolgt bis Projektende mittels des Modells HiREPS.

Wasserkraft und Kühlwasserverfügbarkeit

Im Zuge der Analyse von Klimawandelfolgen auf die Wasserkraft und die Verfügbarkeit von Kühlwasser wurden saisonale Verschiebungen und absolute Änderungen von Abflüssen sowie die Entwicklung von Niedrigwasserständen untersucht. Gerade für Kühlwasser sind Niedrigwasserstände im Sommer relevant, da sehr hohe Luft- und Wassertemperaturen mit geringer Wasserverfügbarkeit zusammentreffen. Ergebnisse aus der Literaturrecherche zeigen, dass vor allem die west- und zentraleuropäischen Regionen anfällig für Kühlwasserknappheit sind, hingegen in den alpinen und nördlichen, schneedominierten Regionen kommen die Niederwasserstände meist in den Wintermonaten vor. Die Analysen im Rahmen von PRESENCE basieren auf Wasserbilanz-Simulationen für Österreich, ausgehend von unterschiedlichen Klimaszenarien (RCMs, REMO-UBA, Aladin-Arpege und RegCM3). Der Verlauf des Oberflächenwasserabflusses wurde für 188 Wassereinzugsgebiete in Österreich ermittelt. Diese Einzugsgebiete wurden in zwei große Teilgebiete gegliedert, den alpinen Raum und das Tief- und Hügelland. Insgesamt kann eine Abnahme der Wasserabflussmengen im Süden und Westen Österreichs beobachtet werden, wobei im Nord-Osten Österreichs ein geringer Anstieg wahrscheinlich ist. Gesamt betrachtet wird im 21. Jahrhundert jedoch eine Abnahme der Wasserabflussmengen erwartet, die in der Zeitperiode von 2061-2090 ca. 10% betragen kann. Auch die jahreszeitliche Verteilung der Abflussmengen verändert sich. Im Sommer ist ein Rückgang zu verzeichnen, im Frühjahr ist hingegen mit  steigenden Abflussmengen zu rechnen, da die Schneeschmelze meist nicht mehr bis in den Sommer andauern wird. Auch der Gletscherabfluss wird im 21. Jahrhundert weiter zurückgehen, bedingt durch die weiteren Verluste des Gletschervolumens. Weites zeigen alle Modelle einen Rückgang der Grundwasserneubildungen im Süden Österreichs.

Schlussfolgerungen

Folgende Ergebnisse des Projektes PRESENCE können zur Unterstützung bei zukünftigen Entscheidungsprozessen herangezogen werden:

  • In dem Projekt werden relevante mögliche Klimawandelfolgen für das österreichische Energiesystem im Detail dargestellt.
  • Die Darstellung der Entwicklung des Energiesystems bis 2080 kann als fundierte Grundlage für Planungs- und Entscheidungshilfen dienen.
  • Die im Zuge des Projektes entwickelten Resilienz-Indikatoren (Energiedienstleistung, Stromversorgung) können für ein Monitoring herangezogen werden.
  • Es werden konkrete Handlungsempfehlungen für folgende österreichische Energiesektoren zur Steigerung deren Resilienz erarbeitet: 
    • Wasserkraft-Erzeugung

    • Heiz- und Kühlenergiebedarf

    • Kühlwasserverfügbarkeit von thermischen Kraftwerken und der Industrie

    • Stromversorgung

Weitere Informationen

Projektleitung:
Dipl.-Ing. Dr. Lukas Kranzl
Technische Universität Wien, Institut für Energiesysteme und Elektrische Antriebe, Energy Economics Group (EEG),  Gusshausstrasse 25-29/370-3, 1040 Wien
Phone: +43(0)1-58801-370351


Projektpartner:
Universität für Bodenkultur, Institut für Meteorologie (BOKU-Met)
Universität für Bodenkultur, Institut für Wasserwirtschaft
Technische Universität Wien, Institut für Hochbau und Technologie


Projektlaufzeit: 03/2011 - 09/2013


Projektwebsite