DynAlp
Kurzfassung (Quelle: Publizierter Endbericht, DynAlp, ACRP 4th Call)
Städtische Infrastrukturnetzwerke wie Entwässerungssysteme oder Wasserversorgungsanlagen sind von höchster Bedeutung für den Lebensraum Stadt. Sie schaffen die Grundlage für Gesundheit und Sicherheit der Bevölkerung, ihre Zuverlässigkeit ist eine Bedingung für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung des urbanen Raums. Diese Anlagen der Grundversorgung der Bevölkerung haben sehr lange Lebensdauern von 50 bis 100 Jahren (in einigen Fällen auch länger) und sollten daher vorausschauend geplant werden. Mit sich ändernden Randbedingungen durch ein sich änderndes Klima, eine veränderte Besiedelungsstruktur (wachsende oder schrumpfende Städte), veränderte Nutzungsgewohnheiten durch die Bevölkerung (z.B. sinkender oder steigender Wasserbedarf) oder veränderte umweltrelevante Anforderungen an die Leistungsfähigkeit der Anlagen können Anpassungsmaßnahmen notwendig werden. Durch die Veränderungen des Klimas muss mit einer Zunahme von Starkregenereignissen, sowohl in deren Häufigkeit als auch in der Intensität gerechnet werden. Dies bedeutet, dass bestehende Entwässerungsnetze, deren Zweck es ist, Niederschlagswasser schadlos aus besiedelten Gebieten in die Flüsse abzuleiten, überlastet werden. Damit steigt einerseits die Überflutungsgefahr, das Risiko für Sachschäden und im Extremfall auch die Gefahr für Leib und Leben, und andererseits auch die Belastung für Flüsse durch Zunahme der Schmutzemissionen aus dem Entwässerungssystem. Zusätzlich zu Veränderungen des Niederschlags durch klimatische Veränderungen führen Bevölkerungswachstum und Stadtentwicklung, im Besonderen die Versiegelung von Oberflächen und Landnutzungsänderungen, zu einer erhöhten Belastung der urbanen Wasserinfrastruktur. Speziell der Anschluss neu besiedelter Flächen im Stadtgebiet an das bestehende Kanalisationssystem kann das Risiko einer Überflutung steigern. Durch den gezielten Einsatz von Verfahren, die das Niederschlagswasser gar nicht mehr bis zur Kanalisation leiten kann die Belastung für das Netz und damit die Überflutungsgefahr gemindert werden. Solche Verfahren sind beispielsweise Infiltrationsanlagen (Mulden, Rigolen, etc.), welche den anfallenden Regenabfluss vor Ort in den Untergrund versickern. Das Einbeziehen dieser Konzepte in die Betrachtung der Stadtentwicklung hilft damit auch positive Auswirkungen zu berücksichtigen, wenn beispielsweise bereits erschlossene und bebaute Gebiete mit diesen Kenntnissen neu entwickelt werden. Dies kann sogar so weit gehen, dass ein klimawandelbedingter Anstieg der Niederschlagsintensität durch dezentrale Regenwasserbehandlung kompensiert werden kann. Das Projekt „DynAlp” behandelt diese Fragestellungen. Es untersucht, welchen Einfluss Klimawandel auf die für die Siedlungsentwässerung relevanten Niederschlagsereignisse hat, wie sich prognostizierte Bevölkerungsänderungen in der Stadtentwicklung auswirken und was dies für die Leistungsfähigkeit bestehender Entwässerungssysteme bedeutet. Dabei wurde ein Stadtentwicklungsmodell entwickelt und mit einem hydrodynamischen Kanalnetzmodell kombiniert. Niederschlagsdaten unter Berücksichtigung des Klimawandels wurden für verschiedene Emissionsszenarien mittels lokalem statistischem Downscaling für die Simulationen bereitgestellt. Die kombinierten Einflüsse von Klimawandel und Stadtentwicklung auf das Entwässerungssystem, sowie die Wirksamkeit von Anpassungsmaßnahmen, wurden untersucht. Die Ergebnisse werden in einer Web-GIS Umgebung visualisiert um sie in einfacher Weise Entscheidungsträgern und der interessierten Öffentlichkeit zugänglich und verständlich zu machen. Um die Einflüsse aus Stadtentwicklung und Klimawandel zu untersuchen, wurden hydrodynamische 1D Simulationen des Entwässerungsnetzes gekoppelt mit 2D Simulationen der Oberfläche durchgeführt. Die 2D Simulationen erlauben es Informationen über den Wasserstand auf der Oberfläche im Überflutungsfall zu erhalten und damit detailliertere Aussagen über gefährdete Gebiete und Gebäude zu tätigen. Dazu wurden für den Innenstadtbereich detaillierte Aufnahmen der Gebäude gemacht und ermittelt welcher Wasserstand eine Gefährdung darstellt. Dies ist für jedes Gebäude unterschiedlich und hängt beispielsweise von der Höhe der Bordsteinkante, der Lage von Kellerfenstern und Lichtschächten ab oder ob der Eingang ebenerdig oder über Stufen erreichbar ist. Durch Verschneiden dieser Gebäudeinformation mit den ermittelten Wasserständen kann die Überflutungsgefahr für jedes Gebäude individuell ermittelt werden. Aus der Kombination unterschiedlicher Stadtentwicklungsszenarien (unterschiedliche Bevölkerungsprognosen, unterschiedliche Verteilung), unterschiedlicher Klimaszenarien, verschiedener Anpassungsmaßnahmen und unterschiedlicher Wiederkehrzeiten ergibt sich eine Vielzahl (ca. 100.000) unterschiedlicher Simulationen. Diese Simulationsergebnisse werden anschließend statistisch ausgewertet. Um diese Daten aber auch direkt nutzbar zu machen und Entscheidungsträgern sowie der interessierten Öffentlichkeit zugänglich zu machen wurde eine Web-GIS Umgebung erstellt (siehe Abbildung). Über die Auswahl verschiedener Parameter (z.B. Klimaszenario, Stadtentwicklungsszenario, Wiederkehrzeit) werden sofort die entsprechenden Simulationsergebnisse angezeigt. Wenn Anpassungsmaßnahmen für städtische Entwässerungssysteme geplant werden, ist es notwendig Klimawandeleinflüsse und Stadtentwicklung gemeinsam zu Betrachten. Zur Vermeidung falscher Entscheidungen, die sich aufgrund der langen Lebensdauer der Anlagen noch lange auswirken können, sollten Anpassungsmaßnahmen möglichst so geplant werden, dass sie unter einer großen Bandbreite möglicher zukünftiger Entwicklungen zufriedenstellend funktionieren. Gleichzeit kann Anpassung auch eine Chance darstellen die bestehenden System nachhaltiger zu machen. Interessant in diesem Zusammenhang ist vor allem die integrierte Planung der Stadt und ihrer Infrastruktur. Gerade für die Siedlungswasserwirtschaft interessante Anpassungsmaßnahmen durch dezentrale Niederschlagswasserbehandlung (beispielsweise durch Gründächer, Grünflächen zur Versickerung oder Regenwasserspeicherung in Teichen), können gleichzeitig auch andere erwünschte Wirkungen in der Stadt haben (z.B. Verminderung von Hitzeinseln). Gleichzeitig ist es aber auch wichtig, derartige Maßnahmen auf möglich negative (zukünftige) Wirkungen hin zu untersuchen um eine möglichst umfassende Entscheidungsgrundlage in der Anpassungsplanung zu gewährleisten.
Weitere Informationen:
Projektleitung: Dr. Manfred Kleidorfer, Universität Innsbruck
Projektpartner: hydro&meteo, Lübeck, Schleswig-Holstein, Deutschland Hydro-IT, Innsbruck, Tirol alpS, Innsbruck, Tirol
Projektlaufzeit: 2012-2015