COOLCITY – wie Sozialkapital die Anpassung an extreme Hitzeereignisse fördern kann

In COOLCITY untersuchten Forscher:innen der BOKU die Relevanz von Sozialkapital für die Anpassung an extreme Hitzeereignisse in Wien. In Interviews und Workshops mit betroffenen Bevölkerungsgruppen wurden Lösungsansätze entwickelt, bei denen statt technischen Anpassungsmöglichkeiten das soziale Miteinander im Mittelpunkt steht.

Gruppe bei einem Workshop

Die zunehmende Zahl extremer Hitzeereignisse in Wien machen den Klimawandel deutlich spürbar. Von den negativen Auswirkungen der Hitze auf Gesundheit und Wohlbefinden sind einige Bevölkerungsgruppen besonders betroffen, z.B. ältere und sozioökonomisch vulnerable Menschen (siehe auch: der neue Hitzeaktionsplan der Stadt Wien). So kam es im Juli 2022 in der besonders heißen Kalenderwoche 29 bei der Gruppe der über 65-jährigen Wiener:innen erneut zu einer deutlichen Übersterblichkeit. Die meisten Anpassungsstrategien in Städten beruhen auf technischen Lösungen, wie etwa Dach- und Fassadenbegrünungen oder Nebelduschen. Ebenso werden individuelle Verhaltensänderungen, wie kalte Fußbäder oder kühlende Nahrungsmittel empfohlen. Neben Finanz-, Infrastruktur- und Humankapital erfordert die Anpassung an den Klimawandel jedoch auch Sozialkapital.

Hier setzte das Forschungsprojekt COOLCITY des Instituts für Wald-, Umwelt- und Ressourcenpolitik der Universität für Bodenkultur Wien, durchgeführt von Maximilian Muhr, Patrick Scherhaufer und Katharina Toth, an. Das vom Jubiläumsfonds der Stadt Wien für die BOKU geförderte Projekt konzentrierte sich auf die Stärkung des Sozialkapitals in Wien durch soziale Innovationen, insbesondere bei extremen Hitzeereignissen. Zwei besonders gefährdete Gebiete in Wien – Innerfavoriten (Teil des 10. Wiener Gemeindebezirks) und Gründerzeitviertel/Westgürtel (die Teile von elf Wiener Gemeindebezirken in der Nähe des verkehrsreichen Wiener Gürtels) – wurden auf der Grundlage bereits bestehender Hitze-Hotspots gemeinsam mit soziodemografischen Daten ausgewählt. Basierend auf Interviews mit besonders betroffenen Personen in diesen Gebieten sowie Expert:inneninterviews wurde der Zusammenhang zwischen Sozialkapital und Hitzestress untersucht. Soziale Innovationen zur Anpassung an extreme Hitzeereignisse wurden in zwei partizipativen Bürger:innenworkshops entwickelt und in einem abschließenden Stakeholder-Workshop mit der Stadt Wien und anderen Organisationen diskutiert.

Die Ergebnisse von COOLCITY bestätigen die Vorstellung, dass Klimawandelanpassung als ein inhärent sozialer Prozess verstanden werden muss (Wolf, 2011). Sozialkapital kann Hitzestress in mehrfacher Hinsicht abmildern: (i) die gegenseitige Hilfe in der Bevölkerung wird durch intakte soziale Netzwerke gesteigert, (ii) die Kommunikation zwischen Bürger:innen und Verwaltung wird gefördert und (iii) lokales Wissen wird effektiver geteilt. Soziale Innovationen können bei diesen Prozessen eine entscheidende Rolle spielen und schließen an die Ausrichtung der Smart Klima City Strategie Wien an. Entsprechende Vorschläge der Betroffenen umfassen etwa die Vereinfachung des Zugangs zu kühlen Gemeinschaftsräumen und Innenhöfen, Begegnungsprogramme für die Nachbarschaft sowie niederschwellige Anlaufstellen in der Verwaltung für die Themen Hitzestress und Klimawandel. Die Stärkung des Sozialkapitals sollte als zentraler Bestandteil einer resilienten Stadt angesehen werden – insbesondere, aber nicht ausschließlich bei extremen Hitzeereignissen.

COOLCITY wurde in enger Zusammenarbeit mit verschiedenen Verwaltungsbehörden der Stadt Wien laufend weiterentwickelt. Dadurch wurden neuartige Diskussionen über Hitzestress zwischen Expert:innen und Praktiker:innen aus verschiedenen Disziplinen und Bereichen angestoßen z.B. Stadtplanung, Public Health, Politikwissenschaft und Sozialarbeit. Ein derartiger inter- und transdisziplinärer Ansatz wurde verfolgt, um die Anwendbarkeit der Ergebnisse zu gewährleisten und die Umsetzung neuer politischer Maßnahmen zur Steigerung des Sozialkapitals in der Stadt Wien bestmöglich zu fördern. (Maximilian Muhr, September 2022)

Weitere Informationen

Forschungsprojekt COOL down: Die Rolle von Sozialkapital in der Verbesserung der Anpassung an extreme Hitzeereignisse in Wien

Wiener Hitzeaktionsplan

KlimaNetz (2012)