MOCCA

Kurzfassung (Quelle: Publizierter Endbericht, MOCCA, ACRP 5th Call)

Der globale Wandel stellt zunehmend eine Herausforderung für Ökosysteme sowie deren Bewirtschafter dar. Um dieser Herausforderung zu begegnen zeigt sich zunehmend, dass eine integrierte Sicht auf ökologische und soziale Systeme (Ansatz der gekoppelten Mensch-UmweltSysteme, „coupled human and natural systems approach“, CHANS) notwendig ist. Das theoretische Verständnis derartiger Systeme ist in den letzten Jahren stark gestiegen. Die operationale Umsetzung des CHANS Ansatzes hinkt jedoch noch hinter den theoretischen Entwicklungen hinterher, nicht zuletzt aufgrund von fehlenden Werkzeugen für eine integrierte Abschätzung der Entwicklung von CHANS unter sich wandelnden Umweltbedingungen. Weitere Unsicherheiten in der Interaktion zwischen Mensch und Umwelt im globalen Wandel liegt in der bisher noch schlecht quantitativ beschriebenen adaptiven Kapazität von ÖkosystemmanagerInnen. Werden jedoch diese Aspekte in Analysen zur Auswirkung des Klimawandels vernachlässigt, kann dies entweder zu einer Überschätzung von Klimafolgen führen (z.B. wenn die soziale Anpassungsfähigkeit des Systems ignoriert wird), oder aber auch fälschlich Stabilität suggerieren (z.B. wenn dynamische und zum Teil abrupte ökosystemare Änderungen in sozialen Modellen nicht berücksichtigt werden). Um die Robustheit von zukünftigen Klimafolgenabschätzungen im Wald zu erhöhen, waren die Ziele dieses Projekts (i) wichtige Interaktionen zwischen Mensch und Umwelt zu operationalisieren, indem ein agentenbasiertes Modell der Waldbewirtschaftung entwickelt wurde, welches in ein bestehendes dynamisches Waldlandschaftsmodell integriert wurde, (ii) die Anpassungskapazität von WaldbewirtschafterInnen in Österreich durch eine Umfrage unter aktuellen und zukünftigen ManagerInnen besser zu beschreiben und (iii) zu untersuchen, wie alternative Bewirtschaftungsentscheidungen und Einstellungen zur Anpassung der Bewirtschaftung zukünftige Trajektorien in Waldlandschaften beeinflussen. Das Hauptergebnis des Projektes besteht in dem neu entwickelten Modell ABE (Agent-Based model of forEst management), welches ManagerInnen als individuelle Agenten abbildet, welche autonom und räumlich explizit in einem multi-skaligen Entscheidungsraum Bewirtschaftungsentscheidungen treffen. Dieses neue Modell wurde dynamisch in das Waldlandschaftsmodell iLand (the individualbased forest landscape and disturbance model) integriert, wodurch dynamische Interaktionen zwischen Änderungen im Ökosystem und der Bewirtschaftung simuliert werden können. Diese Modellkombination war in Tests autonom in der Lage, Waldlandschaften unter gängigen Bewirtschaftungsverfahren realistisch über lange Zeiträume zu simulieren. Weiters zeigten Tests gegen unabhängige Daten aus Durchforstungsversuchen, dass das Modell die ökosystemare Reaktion auf eine weite Bandbreite an Bewirtschaftungseingriffen realistisch abzubilden vermag. Eine wichtige Basis für die Parameterisierung des Modells ABE war eine eingehende Untersuchung der Einstellungen und Absichten von WaldbewirtschafterInnen in Bezug auf Klimawandelanpassung. Unsere Untersuchungen zeigten das WaldbewirtschafterInnen in Österreich stark an den Klimawandel glauben (94.7% der Befragten), wobei sich kein signifikanter Unterschied zwischen aktuellen BewirtschafterInnen und zukünftigen ManagerInnen (i.e., StudentInnen der Forstwissenschaften) feststellen ließ. Basierend auf den beabsichtigten Reaktionen auf mögliche zukünftige Änderungen in Wäldern konnten folgende vier Gruppen unterschieden werden: Sehr sensitive, anpassungsfreudige BewirtschafterInnen (27.7%), jene ManagerInnen, welche sich vor allem an Änderungen in Waldwachstum und –verjüngung anpassen (46.7%), BewirtschafterInnen welche ausschließlich sensitiv auf geänderte Verjüngungsdynamik reagieren (11.2%), sowie ManagerInnen welche nicht vorhaben, sich an klimabedingte Änderungen im Wald anzupassen (14.4%). Wichtige Einflussfaktoren auf diese unterschiedlichen Einstellungen zur Anpassung waren vor allem persönliche Erfahrungen sowie Erwartungen in Bezug auf zunehmende Waldschäden durch Störungen, wobei auch demographische Faktoren sowie individuelle Bewirtschaftungsziele von Bedeutung waren. Simulationsexperimente mit unterschiedlichen Anpassungsszenarien zeigten, dass passives Verhalten (i.e., das Reagieren auf bereits manifestierte Klimafolgen) nicht ausreicht, um die Entwicklung von Waldökosystemen im Klimawandel zu stabilisieren. Nur durch die Kombination von passivem und aktivem (i.e., vorausschauendem) Anpassungsverhalten der BewirtschafterInnen konnten in der Simulation die im Vergleich zur Walddynamik sehr rasch ablaufenden klimatischen Änderungen entsprechend abgefedert werden. Für Landschaften mit vielen ManagerInnen zeigte sich in der Simulation, dass die Heterogenität in den Anpassungsentscheidungen zwar die Anpassung des Systems verzögert, aber auch die landschaftliche Diversität des Ökosystems erhöht, was sich wiederum positiv auf die zeitliche Stabilität des Systems auswirkt. Abrupt und uniform implementierte Anpassungsmaßnahmen beschleunigen zwar den Anpassungsprozess, können jedoch auch zu ungewollten strukturellen Effekten (wie z.B. einer unausgeglichenen Altersklassenverteilung) führen. Diese Simulationsergebnisse suggerieren, dass die Vielzahl an Bewirtschaftungsentscheidungen, wie sie für eine kleinteilige Besitzstruktur typisch sind, nicht notwendigerweise nur negative für die Klimaanpassung von Waldlandschaften sein muss. Auf der Bestandesebene konnte durch eine simulationsgestützte Reanalyse von Durchforstungsversuchen in Österreich gezeigt werden, dass verstärkte Durchforstungen vor allem auf warmen und trockenen Standorten negative Klimaauswirkungen auf die Baumart Fichte abmindern können. Auf Standorte wo diese Baumart vom Klimawandel profitiert (z.B. in höheren Lagen) konnte jedoch kein zusätzlicher, über den unter aktuellen Bedingungen hinausgehender Durchforstungseffekt nachgewiesen werden. Diese Analysen unterstreichen das Durchforstungen ein wichtiges Werkzeug im waldbaulichen Portfolio der Klimaanpassung sein können. Sie zeigen aber auch, dass Durchforstungen kein Allheilmittel darstellen und Durchforstungsentscheidungen – so wie alle anderen Anpassungsmaßnahmen auch – im speziellen Kontext des jeweiligen Standorts und Bestandes beurteilt werden müssen. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass im Projekt MOCCA ein neuer, agenten-basierter Ansatz zur dynamischen Simulation von Waldbewirtschaftung entwickelt und getestet wurde, welcher in Zukunft eine verbesserte Analyse von Wald als CHANS erlaubt. Diese Entwicklungsarbeit wird in zukünftigen Klimafolgenstudien eine robustere Abschätzung der Klimavulnerabilität von Österreichs Wald fördern. Basierend auf den hier durchgeführten initialen Szenarioanalysen sollte in zukünftigen Arbeiten vor allem auf die Bewirtschaftungsheterogenität in durch Kleinwaldbesitz geprägten Landschaften weiter eingegangen werden, um besser zu verstehen unter welchen Bedingungen diese Heterogeneität die Resilienz gegen Klimawandel erhöht bzw. reduziert.

Weitere Informationen: 

Projektleitung: Assoc. Prof. DI Dr. Rupert Seidl, Universität für Bodenkultur Wien

Projektpartner: European Forest Institute, Central-East European Regional Office (EFI - CEEC), DI Dr. Bernhard Wolfslehner Swedish University of Agricultural Sciences (SLU), Prof. Dr. Kristina Blennow

Projektlaufzeit: 2013-2015

Publizierter Endbericht